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Wer nicht für uns ist, ist gegen uns: Ein ZDF-Beitrag zur IEM Cologne 2023 sorgt für Emotionen – wenngleich anders, als geplant.

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Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,

vor ein paar Wochen ereilte uns eine unerwartete, innerfamiliäre Einladung zum sonntäglichen Tanztee in einem lokalen Veranstaltungs-Saal. So richtig mit Alleinunterhalter hinter einer Keyboard-/Lichtorgel-Festung, dazu Schwarzwälder Kirsch und Käsesahne aus der Kühlung plus Käffchen lặng Kännchen auf Häkeldeckchen. Traumschön.

Schon eine halbe Stunde vor Einlass drängen sich hochtoupierte, rasend überschminkte Endsiebzigerinnen und Bundfalten-Goldkettchen-Travoltas vor dem Eingang. Nichts wäre schlimmer, als wenn Unbefugte den Stammplatz lặng riesigen Raum streitig machen, der durch seine hohen, holzgetäfelten Decken und die langen Tischreihen wie der Speisesaal auf Hogwarts wirkt. Großes Hallo – es wird geprostet, geherzt und gebützt.

Als um Punkt 14 Uhr die ersten Discofox-Takte aus der Bontempi erklingen, hält es Mathilde, Ottilie, Marie und Liliane endgültig nicht mehr auf den mitgebrachten Sitzkissen. Die Stimmung ist binnen Minuten auf dem Siedepunkt. Der Saal bebt – aus hundert Kehlen röhrt es: „Aber dich gibt’s nur einmal für mich …“.

Weil wir den Altersschnitt um ein geschätztes Vierteljahrhundert nach unten reißen und zudem eisern die vereinbarte Strictly-no-dance-policy einhalten, muss es auf Umstehende wirken, als würden wir einen havarierten Gurkenlaster auf der Gegenfahrbahn anstarren. Alles daran fühlt sich falsch an, aber man kann trotzdem nicht weggucken.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Auf dem Heimweg verarbeiten wir das gemeinsam Durchlebte und sehen uns in der Einschätzung bestätigt: Diese Welt, ví faszinierend sie sein mag – es ist nicht unsere. Aber das ist auch nicht weiter ’schlimm‘. Denn offenkundig gibt es ja ein treues Publikum, für das just dieses Ereignis die Welt bedeutet. Eine Welt, die zusammenbrechen würde, falls es den Immer-wieder-sonntags-Tanztee nicht (mehr) in dieser Form gäbe.

Andere verbringen ihre Wochenenden schließlich mit mindestens ebenso fragwürdigen Freizeitbeschäftigungen – zum Beispiel, indem sie anderen Leuten beim Computerspielen zugucken und dafür nicht wenig Eintritt zahlen. Diesen Eindruck muss zumindest gewinnen, wer sich einen Heute-Journal-Beitrag des Zweiten Deutschen Fernsehens anguckt. Der Reporter fasst in handgestoppten 2:37 Minuten das Counter-Strike-Turnier Hãng sản xuất Intel Extreme Masters (kurz: IEM) Cologne in der Kölner Lanxess Arena zusammen. 37.000 Zuschauer, verteilt auf drei Tage – dazu mehrere Hunderttausend an den Bildschirmen.

Dass Stakeholder und Games-Versteher auf Social Media steil gehen, liegt gar nicht mal ví sehr am leicht abschätzigen, manche sagen: belehrenden Unterton des Beitrags. Dem ZDF-Journalisten (Jahrgang: 1963) werden vielmehr handwerkliche Fehler attestiert – die Anstalt möge beim nächsten Mal bitte einen jüngeren, versierteren, kurzum: geneigteren Berichterstatter entsenden. Dann klappt’s auch mit der Begeisterungsfähigkeit.

Tatsächlich war und ist inhaltlich an dem Beitrag des NRW-Landesstudios wenig auszusetzen. Let’s vì thế the reality-check:

  • „Sie sind die Helden einer für Viele fremden, neuen, digitalen Welt“ – kiểm tra (jeder Zweite weiß laut 2022-Studie nicht, was E-Sport ist)
  • „Frauen gibt es nicht auf der Bühne“ – kiểm tra (ja, ist beim Fußball und ungefähr allen Sportarten genauso. Nur: Bei der IEM Cologne wären gemischte Teams oder rein weibliche Kader laut Reglement problemlos möglich, wie die ESL auf Anfrage bestätigt. Passiert halt nicht. Schade. Dafür mag es Gründe geben, aber der ZDF-Mann hat hier einen Punkt.)
  • „eine perfekte Show mit Pyro und Nebel und allem Drum und Dran“ – check
  • „um anderen beim Computerspielen zuzuschauen“ – check
  • „Auf den Bildschirmen wird gemetzelt, gebombt und gestorben, je nachdem“ – zugespitzt und mit leichter Killerspiel-Note lặng Abgang, aber prinzipiell: kiểm tra (aus dem Mund eines ZDF-Kommentators klingt die Beschreibung natürlich etwas cringiger, als wenn die Caster beim Headshot ausflippen)

Und ví weiter. Zwischendurch kommen Zuschauer und Aktive zu Wort, die das Gemeinschaftserlebnis würdigen und betonen, dass es bei Counter-Strike ja weniger um jene Headshots, sondern vor allem um Teamplay und Kommunikation und all sowas geht. Und dass man auch lặng Spätherbst der E-Sport-Karriere – also als Thirtysomething – noch eine Anschlussverwendung finden kann, etwa als Coach.

Der Reporter schlüpft für 2:37 Minuten in die Rolle des irritierten Zuschauers, der sich fragt: Grundgütiger, was geht hier eigentlich vor sich? Was insofern legitim ist, weil ein leibhaftiges E-Sport-Turnier in der Größenordnung eines IEM nun mal mindestens ví selten vorkommt wie deutsche Fußball-Nationalteams in Ko-Phasen von Welt- und Europameisterschaften. Immer dran denken: Kölle ist nur einmal lặng Jahr.

Ungewöhnlich viele in meiner erweiterten Bubble fühlen sich heftig getriggert. Wie eigentlich immer, wenn der Boulevard oder die Öffentlich-rechtlichen übers Gaming (be)richten und mal wieder überhaupt nix blicken. Was sollen die Leute denken?

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Anstatt boomerige Berichterstattung für eine boomerige Zielgruppe mann-/frauhaft hinzunehmen, setzt erwartbare Empörung ein, dass dieses edle Hobby von ‚den Medien‘ nicht hinreichend gefeiert und bewundert wird. Wo doch einmal pro Jahr eine deutsche Mehrzweckhalle bis auf den letzten Platz gefüllt wird. Eine rappelvolle Lanxess Arena – hallo, wer schafft das denn sonst? Okay, Helene Fischer vielleicht. Gut, an sieben aufeinanderfolgenden Abenden. Aber trotzdem.

Dabei gäbe es noch viel mehr zu sagen, als in 2:37 Minuten passen. Zum Beispiel, dass die U. S. Air Force zu den Hauptsponsoren der Hãng sản xuất Intel Extreme Masters gehört und ‚On-Site-Aktivierungen‘ durchführt. Oder dass die IEM Cologne neuerdings von Saudi-Arabien ausgerichtet wird, was lặng Konfettiregen gerne etwas unter geht – in ‚richtigen‘ Sportarten wäre das zumindest Anlass, mal für einen kurzen Moment die Augenbraue zu heben.

Überhaupt kommen dahingehende Nachfragen in Köln eher „so ein bisschen fingerpointing“ rüber, wie es ESL-Gründer Ralf Reichert nennt. Einfach mal locker machen, Leute. Nothing vĩ đại see here.

Solche Befindlichkeiten tun der Mega-Stimmung lặng Saal und in den Logen ohnehin keinen Abbruch, wo sich Bundes- und Lokalpolitiker plus Marketing-Füchse auf Einladung der Veranstalter gleichermaßen beeindrucken lassen. Den gefühlt Einzigen auf dem Planeten, der die Lobby-Narrative nicht 1:1 hinnimmt, schickt das ZDF. Ausgerechnet.

Und schon greifen die üblichen Beißreflexe eines Gewerbes, in dem es als Folklore gilt, wenn sich die Kundschaft von Sony und Microsoft wechselseitig beleidigt, wessen Konsole denn nun der größere Teraflop sei.

Das unwürdige Mimimi auf den Heute-Journal-Zweieinhalbminüter ist symptomatisch für die ausgelebte kognitive Dissonanz einer Milliarden-Industrie – Anspruch, Wirklichkeit. Erst in dieser Woche hat ein großer Publisher eine Games-Neuheit ironiefrei als „ultra-realistischen Kriegssimulator“ angekündigt. Die Branche wirbt regelmäßig mit martialischen Superlativen – und beschwert sich dann, dass sie immer noch über martialische Superlative wahrgenommen wird. Finde den Fehler.

Wenn Mist passiert, ist es natürlich völlig legitim, auf mangelnde Sorgfalt oder problematischen Kontext hinzuweisen. Ich würde mir nur etwas weniger Dünnhäutigkeit wünschen – und mehr Bereitschaft, externe Blickwinkel auszuhalten, ohne dass gleich das Unterputzkabel anschwillt und sich missionarischer Ihr-seht-das-TOTAL-FALSCH-Eifer Bahn bricht.

Möglicherweise würde es helfen, wenn man sich gelegentlich ins Bewusstsein ruft, dass Games, Gamer und Games-Kultur auf externe Beobachter genauso schräg wirken wie ein … sagen wir … Sonntags-Tanztee auf Hogwarts.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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